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Tankerunglück "Exxon Valdez" im Prince-William-Sund vor der Küste Alaskas im März 1989
von Frank Roselieb
Am Karfreitag, 24. März 1989, hat der Tanker "Exxon Valdez" bei einem Ölunfall im Prince-William-Sund vor Alaska 40 Millionen Liter Rohöl verloren. Sowohl hinsichtlich der Menge des ausgetretenen Öls als auch hinsichtlich der geographischen Region des Ölunfalls zählt der "Exxon Valdez"-Unfall zur Gruppe der "kleineren" Tankerunfälle. Trotzdem wurde in den Wochen und Monaten nach dem Unfall der Exxon-Konzern in der amerikanischen Öffentlichkeit "in einem Atemzug mit dem Teufel genannt" und "rivalisierte mit Ajatollah Khomeini um den Spitzenplatz als Publikumsfeind Nummer eins".
Ursache hierfür war nach Meinung der amerikanischen Medien ein totales Versagen der Öffentlichkeitsarbeit des Exxon-Konzerns: - Statt die Mitarbeiter der Presseabteilung sofort aus ihrem Osterurlaub zurückzurufen, blieben die Telefone in der New Yorker Konzernzentrale vier Tage lang unbesetzt. Erst am fünften Tag nach dem Unfall hat der Exxon-Konzern eine kurze Pressemitteilung mit widersprüchlichen Angaben zur Ursache des Tankerunfalls veröffentlicht.
- Obwohl die Medien bereits wenige Stunden nach dem Unfall live aus dem Prince-William-Sund berichtet haben, fand der Konzernchef von Exxon, Lawrence G. Rawl, den Weg nach Alaska erst drei Wochen nach dem Unfall. Als Konzernchef Rawl vor laufenden Fernsehkameras nach Details der Reinigungsmaßnahmen gefragt wurde, sagte er, er habe Wichtigeres zu tun, als sich mit solchen "Kleinigkeiten" zu beschäftigen.
- In einer 1,8 Millionen Dollar teuren Anzeigen-Kampagne in 165 US-Zeitungen entschuldigte sich der Exxon-Konzern zwar für den Öl-Unfall, lehnte aber die letzte Verantwortung für das Tankerunglück ab. Zeitgleich wurde bekannt, daß Mitarbeiter der Exxon einem Radiosender in Alaska 32.000 US-Dollar "Aufwandsentschädigung" angeboten haben, damit die Redakteure auch über andere Themen als über das Tankerunglück berichteten.
- Als am 22. April 1989 rund 3000 Demonstranten vor der New Yorker Konzernzentrale der Exxon demonstrierten, war kein Mitarbeiter der Exxon für eine Stellungnahme zu erreichen. Stattdessen veröffentlichte die Presseabteilung einen Tag nach der Demonstration eine Pressemitteilung. Darin hieß es zum Verbleib der 40 Millionen Liter Rohöl, daß rund zwei Millionen Liter "biologisch abgebaut" worden seien. Weitere zwei Millionen hätten sich "einfach aufgelöst".
Die Reaktion der Öffentlichkeit folgte wenig später. Gleich drei große amerikanische Verbraucherverbände riefen zu einem weltweiten Boykott gegen Exxon auf. Über 6000 Exxon-Kunden schickten ihre zerschnittenen Benzinkreditkarten an den Konzern zurück - teilweise in versiegelten Plastiktütchen voller Öl. Der Aktienkurs der Exxon sank innerhalb von wenigen Tagen um mehr als 200 Punkte und lag noch Monate nach dem Unfall deutlich unterhalb des Dow-Jones-Index als Vergleichsmaß.
AutorFrank Roselieb Krisennavigator - Institut für Krisenforschung Ein Spin-Off der Universität Kiel Schauenburgerstraße 116 D-24118 Kiel Telefon: +49 (0)431 907 - 26 10 Telefax: +49 (0)431 907 - 26 11 Internet: www.krisennavigator.de E-Mail: roselieb@krisennavigator.de | |
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389): 1. Jahrgang (1998), Ausgabe 1 (November)
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